Privater Franziskusgarten von Thomas Ort
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Vorwort
Der hl. Franziskus, sein Leben und seine Spiritualität berühren mich sehr.
Das erste Mal kam ich in „Berührung“ mit ihm und der hl. Klara, als ich auf der Heimfahrt von
einer Jugendwallfahrt nach Rom (Ostern 1992), ein paar Stunden in Assisi Aufenthalt hatte. Diese
Stadt und das, was ich in den paar Stunden von „Bruder Franz“ erfuhr, ließen mich nicht mehr los.
Ich wollte mehr über diesen Franziskus erfahren und so fuhr ich wiederholt nach Assisi.
Sehr viel lernte ich 1995 und 1996 durch Pater Anselm Kraus aus dem Kloster Schwarzenberg. In seinen Franziskus-Seminaren machte ich mich mit vielen anderen „Neugierigen“ auf, um „Den Spuren Christi und seines Dieners Franziskus“ in Assisi und Umgebung zu folgen.
Franziskus hat uns auch heute noch viel zu sagen. Am häufigsten wird er mit der Bewahrung der Schöpfung in Verbindung gebracht und so ist es auch keine Überraschung, dass ihn 1979 Papst Johannes Paul II. zum Patron des Umweltschutzes ernannt hat. Doch oft ist dieser Blick von einem romantisch verklärten „Bruder Immerfroh“, der (mit Klara) durch die roten Mohnfelder streift, mit den Tieren spricht und Loblieder singt, geprägt. Sein Gespür für alles Geschaffene reicht jedoch viel tiefer. Eine Antwort verbirgt sich im Sonnengesang, dem berühmtesten Text des hl. Franziskus. Er ist in altitalienischer Sprache verfasst und gegen Ende seines Lebens nach einer langen Phase des Leidens entstanden. Für Franziskus ist die „Umwelt“ eine „Mitwelt“. Er wusste sich eingebunden in alles Geschaffene. Darum sind für Franziskus die Gestirne und Elemente, die Pflanzen und Tiere „Brüder“ und „Schwestern“ und die Erde wird zur „Mutter“. Für Franziskus kommt alles von Gott her. Für ihn steht die „Mitwelt“ in unmittelbarem Bezug zu Gott bzw. zu Christus. Mit den Geschöpfen und durch alle Geschöpfe preist er Gott im Sonnengesang für alles, was ihm geschenkt ist.
Die Haltung von Franziskus ist geprägt von Ehrfurcht und Achtsamkeit. Franziskus selbst würde von Demut sprechen. Im lateinischen Begriff „humilitas“ schwingt der Begriff „humus“ = „Erde“ mit. Eine Haltung der Demut, der Erdverbundenheit begreift den Menschen als Teil dieser Erde. Erst diese Verbindung ermöglicht „Humanität“, ein Leben in Menschlichkeit und Würde. Franziskus „durchschaut“ alle geschaffenen Dinge auf Gott hin. Sie werden ihm zu einem transparenten „Dia“ Gottes.
Der hl. Franz beginnt seinen Sonnengesang mit der Anrufung des Allerhöchsten: „altissimu…“ und er beendet ihn mit dem Wort Demut: „humilitate“. Um über Gott zu sprechen, muss man mit Gott sprechen. Spiritualität im Sinne konkreten (Er-)Lebens wird so zur Grundlage der Theologie. Für Franziskus stand die Praxis im Vordergrund, weniger die Theorie. Für ihn waren die konkreten Dinge, die Schönheit und die Liebe, aber ebenso der Schmerz und die Leere Zugang zum großen Geheimnis Gott.
Bei den Stationen des Sonnengesangs in unserem Garten habe ich mich von verschiedenen Sonnengesangs-Wegen inspirieren lassen, die ich schon gegangen bin. Da war z. B. „Der Besinnungsweg zum Sonnengesang“ in Sand in Taufers in Südtirol, der „Franziskusweg Ottenbach“ in Baden-Württemberg und der „Franziskusweg an der Thüringer Hütte“ in der Rhön. Eine Station fehlt allerdings (noch) in unserem Garten. Bei dieser Strophe geht es um Bruder Tod. Ich habe diese Strophe hier mit aufgenommen, allerdings fehlt ein entsprechendes Foto.
im Mai 2021 — Thomas Ort
Das Tau
Auf den einzelnen Tafeln mit den Strophen des
Sonnengesangs, habe ich immer ein ,T’ gemalt. Dieses
Zeichen nennt sich Tau und war eines der bevorzugten
Symbole des hl. Franz von Assisi. Sein Urerlebnis mit
dem Tau hatte Franziskus beim IV. Laterankonzil 1215
in Rom. Damals predigte Papst Innozenz III. zum
Thema: „Gott will nicht den Tod des Sünders“ und
ging auf das Tau-Zeichen ein.
Dieses Zeichen finden wir übrigens auch in der Bibel: Im Buch Ezechiel, Kapitel 9, wird das Tau all denen auf die Stirn gezeichnet, die gerettet werden sollen. Denn die Stadt Jerusalem war von Gott abgefallen und sollte vernichtet werden. Aber Gott hat Erbarmen und gibt den Auftrag: „Von denen, die das Tau auf der Stirn haben, dürft ihr keinen anrühren!“ (Ez 9,6)
Das Tau ist Bestandteil von zwei Alphabeten: als TAU kommt es im griechischen Alphabet vor und als TAW ist es der letzte Buchstabe des hebräischen Alphabets. Wenn wir versuchen, das Wort Tau im Zusammenhang der Bibelstelle (Ez 9) zu übersetzen, geben die Wörter „Zeichen“ oder „Siegel“ wohl am besten wieder, was gemeint ist.
Interessant finde ich auch, dass TAW für die Juden der Spätantike nicht nur die Bedeutung von „Zeichen“ hat, sondern es ist das „Abschlusszeichen“ des als heilig erachteten Alphabetes. Hinzu kommt, dass TAW der erste Buchstabe des Wortes „Tora“ ist. Tora heißt das Gesetz, die Weisung. Man nahm dann den ersten Buchstaben von „Tora“ also das Tau als Inbegriff des ganzen Gesetzes, und somit als Ausdruck des heiligen Willens Gottes.
Auch in christlicher Zeit ging das TAW nicht unter. Der hl. Hieronymus hat in seiner griechischen
Übersetzung des Alten Testaments, das TAW als Zeichen und Kreuzzeichen übersetzt.
Wie uns die Ikonographie bezeugt, war es im Altertum und Frühmittelalter üblich, dem Kreuz die
Form des Tau zu geben. Erst später verwendete man das uns gewohnte, vierschenkelige Kreuz.
Auch Franziskus verwendete noch die alte Form des Kreuzes, das Tau. Er benutzte das Tau-Zeichen
gerne als Kreuzzeichen. Er bezeichnete damit Menschen, Tiere und Gegenstände. Er führt damit die
schon frühchristliche Sitte fort, sich auf der Stirn mit dem Kreuzzeichen zu segnen.
Von der Hand des Franziskus sind noch zwei Zeichnungen des Tau erhalten, die ich schon selbst bewundern durfte. Es gibt einen Brief mit einem Segenswunsch, den er an Bruder Leo geschrieben hat, und den er mit dem Tau-Zeichen gleichsam unterschrieben hat (aufbewahrt im Sacro Convento in Assisi). Das andere Tau-Zeichen finden wir in einer Fensternische der Magdalenenkapelle in der Einsiedelei Fonte Colombo im Rietital.
Zu Recht ist das Tau heute für alle, die es tragen oder verwenden, ein Symbol für franziskanisches Leben.