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Franziskusweg Ottenbach Sonnengesang des Franziskus Karl Schönweiler

Der Aufstieg — Mit Selbsteinschätzung zum Ziel

Sei gepriesen für Deine hohen Berge

Wenn man aus dem Waldschatten tritt und über den kurzen Wiesenpfad wandert, sieht man den Höhenzug vor sich. Ein steiler Feldweg führt hinauf zum Waldrand am Rehgebirge.





Aufstieg zu Station Wind,
Weg A und Abzweig zu Station Wind B (rechts abwärts).



Manchmal geht es einem wie Franziskus damals, dass man das eigentliche Ziel noch gar nicht erkennen kann, doch gibt das, was man zunächst vor Augen hat, die Richtung vor. Es ist wie der Anstieg auf einen Berg. Wenn man seine Spitze erreicht hat, zeigt sich dahinter ein viel höherer Berg, der uns wieder Demut lehrt gegenüber der Schöpfung.

Jede große Leistung beginnt mit dem ersten Schritt. Dem folgen viele kleine Schritte. Und nicht die Eile hilft dabei, sondern die Ausdauer, das unbeirrbare daran festhalten. Das „daran glauben“ und der damit verbundene Wille.
Auf dem Weg gilt es, wie am Berg, unterwegs auch einmal Rast zu machen um Atem zu holen. Sich selbst kontrollieren. Bin ich noch im grünen Bereich mit meinen Kräften? Sehe ich noch klar, hab ich noch Freude an meinem Tun, oder bin ich schon zu sehr besessen von meiner Idee, so dass ich nur möglichst schnell das Ziel erreichen will – und mich dabei versteige. Die Situation, in der man sich befindet richtig einzuschätzen ist von großer Bedeutung. Vorbereitet sein gegen aufkommende Hitze oder Kälte. Wenn ich die Zeichen eines Wetterumschwunges ignoriere, den drohenden Sturm nicht wahrhaben will, wird mein Vorhaben scheitern.

Auch hier, vor dem Aufstieg müssen wir uns entscheiden: Schaffe ich den steilen Berg – oder nehme ich den steinigen Weg abwärts. Beide führen zum Ziel. Eine Station Wind und Wetter erreichen wir auch auf diesem Weg, der in den großen Bergweg vor Kitzen wieder einmündet.

Als Franziskus in der ersten Nacht als angehender Ritter zur Umkehr aufgerufen wurde, hatte er noch keine Ahnung, was nun werden würde. Doch innerlich war er längst zu dieser Umkehr bereit. Dabei gab für ihn noch kein Ziel. Allein die innere Umkehr. Als er in San Damiano den Aufruf hörte: „Baue meine Kirche wieder auf“, nahm er das wörtlich und trug Stein um Stein zusammen. Schritt um Schritt ging er, von diesem Auftrag ausgehend seinen Weg. Anderen war er ein Beispiel. Sie wollten ihm folgen, leben wie er. So formte sich sein Ziel, Jesus, nachzufolgen. Bloßstellungen, Verspottung, Rückschläge, Erniedrigungen, der Tod von Gefährten – das alles gehörte mit zu diesem Weg.

In luftiger Höhe – bei „Wind und Wetter“ - Der Weg A

Der steile Weg hinauf zum Waldrand am Rehgebirge verlangt einige Mühe ab, die jedoch oben mit einem Panoramablick belohnt wird. Vom nahen Rechberg mit Burgruine und der Wallfahrtskirche, schwenkt unser Blick entlang des Aasrückens zum Hohenstaufen. Der alte Zeugenberg mit dem Bergdorf und den beiden Kirchtürmen steht im Bildmittelpunkt. Auf seinem Gipfel stand einst die Burg der Staufer. Das Ottenbacher Tal bildet ein beinahe geschlossenes Becken, eine „grüne Schale“. Die vielen Einzelgehöfte, weit verstreut, inmitten von Feldern, Wiesen und Wäldern, eingesäumt von Bachläufen und Heckenrainen, gaben ihm den Beinamen „Göppinger Allgäu“. Blicken wir von hier oben nach Süden, sehen wir über das Voralbland hinweg bis zur Burg Teck und dem Hohen Neuffen.

Der Blick nach Süden
Der beschwerliche Aufstieg lässt Atem wahrnehmen, den Brustkorb weiten, spüren wie die Lunge den ganzen Körper mit Atemluft versorgt. Der Puls, ein leises Klopfen, die Spannung in den Beinmuskeln. Für einen Moment tief durchatmen und den ganzen Körper wahrnehmen. Horchen auf den Klang des Windspiels, das Geräusch des Windes, sein Spiel mit den Fähnchen. Kein Vogel könnte am Himmel schweben, würde ihn diese Luft nicht tragen. Hier oben, in der schönen Landschaft, fühlt sich der Mensch näher an den Wolken, nahe dem Wind, näher dem Bussard, der seine Kreise zieht. Der Wind nimmt Düfte und Klänge mit. Trägt er auch Gedanken mit um die Welt – und bringt er andere, neue Gedanken zurück?

Apfelblüte


Orchis blüht verwaist im Gartendunkel,
wo sie zwischen wilden Gräsern wohnt.
Leuchtet noch des jungen Frühlings Sonne
macht ihr bang des hohen Herbstes Mond.

Denn wenn Reif frühmorgens niederrieselt
ist es, dass ihr grüner Liebreiz weicht.
Doch – wenn nie die klaren Winde bliesen
wäre niemand, den ihr Duft erreicht.

Li Tai Bo, China 700 – 762 n. Chr.